Drive-In zum Corona-Abstrich

Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2020

Drive-In zum Corona-Abstrich

So funktioniert das Abstrichzentrum in Warstein

Der Patient mit möglichen Corona-Symptomen meldet sich telefonisch bei seinem Hausarzt. Gemeinsam wird besprochen, ob er zu denjenigen gehört, die einen Corona-Abstrich bekommen. Voraussetzung dafür ist ein begründeter Verdacht, mit dem Virus infiziert zu sein. Ist dies der Fall, organisiert der Hausarzt in Absprache mit dem Krankenhaus Maria Hilf in Warstein einen Termin im Abstrichzentrum. Wenn der Patient einen Termin hat, muss er sich zu der vereinbarten Zeit an der Gutenbergschule einfinden. „Der Patient sitzt bei geschlossenem Fenster im Auto und wartet darauf, auf dem Schulhof eingewiesen zu werden. Daraufhin tritt der Arzt an das Auto heran, der Patient lässt nach Aufforderung die Scheibe herunter. Während der Patient im Auto sitzt, wird ein Abstrich aus der Nase genommen“, erklärt Dr. Matthias Becher. Der Abstrich geht im Anschluss in ein Lüdenscheider Labor. Ein Ergebnis wird jeweils am Abend des Folgetages erwartet.

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Drive-In zum Corona-Abstrich

Warstein – Mittwochmorgen, kurz nach 9 Uhr: Ein Kleinwagen fährt auf den leeren Schulhof der ehemaligen Gutenbergschule an der Bergenthalstraße. Der Fahrer wird bereits erwartet: Aus einer Tür der ehemaligen Schule kommen Dr. Thomas Zimmermann aus Warstein und Dr. Dörte Wolfkühler aus Kallenhardt. Beide tragen Handschuhe, Schutzanzug, Mundschutz und Kopfbedeckung - zum Eigenschutz. Denn sie wissen: Womöglich ist ihr Patient, der vor ihnen im Auto sitzt, mit dem Coronavirus infiziert. Eine Antwort auf die Frage nach dem „ob“ wird der Abstrich bringen, den Dr. Zimmermann dem Patienten entnimmt. Nachdem der Mann auf dem Fahrersitz die Fensterscheibe heruntergekurbelt hat, geht alles ganz schnell: Krankenkassen-Karte überreicht, Abstrich-Stäbchen in die Nase, fertig. Luftdicht verpackt verschwindet das Stäbchen zusammen mit Dr. Wolfkühler im Flur der Gutenbergschule. Dort erledigt sie in Windeseile den letzten Papierkram, ehe der Patient den Schulhof wieder verlassen kann. Das ganze Prozedere dauert nur wenige Minuten. Ein Testergebnis soll es am Donnerstagabend geben. Das Vorgehen wiederholt sich zahlreiche Male an diesem Tag auf dem Schulhof. Eine ganze Familie, die gemeinsam im Auto gekommen ist, wird in kurzer Zeit getestet. Es herrscht spürbare Entspannung bei allen Beteiligten. Zwar hatten die niedergelassenen Ärzte aus dem Raum Warstein, Rüthen und dem Möhnetal und die Verantwortlichen des Krankenhauses Maria Hilf genau darauf gehofft - doch hatten sie auch an die Vorkehrungen für ein mögliches Chaos gedacht: Die Polizei war darum gebeten worden, zwischendurch an der Bergenthalstraße nach dem Rechten zu sehen, weil man sich nicht sicher war, ob es Patienten geben würde, die ohne Termin an der Gutenbergschule aufschlagen und für Tumult sorgen könnten. Am ersten Tag bleibt es ruhig. Nur mit festem Termin, den die Patienten über ihren Hausarzt bekommen (siehe Infokasten), werden hier Abstriche gemacht. Das ist wichtig, um Ressourcen für diejenigen zu schonen, die sie wirklich brauchen: Die Hausärzte seien angehalten, sich streng an die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes zu halten, sagt Dr. Thomas Zimmermann. Bis zum 31. Dezember 2019 war er Oberarzt in der Chirurgie des Warsteiner Krankenhauses, quittierte seinen Dienst aus Altersgründen. Vor gut zwei Wochen bat er seine Unterstützung an – und diese wurde prompt angenommen. So nahm er zunächst Corona- Abstriche in einem extra dafür hergerichteten Teil des Krankenhauses. „Am ersten Tag musste ich nur einen Abstrich nehmen“, erinnert er sich. Mittlerweile gibt es in Warstein den ersten bestätigten Corona-Fall. Mit den steigenden Abstrich-Zahlen ist mit weiteren bestätigten Infektionen zu rechnen, sagen die Experten. Steigende Abstrich-Zahlen bedeuten zwangsläufig steigende Verdachtsfälle. Und genau diese sollen vom alltäglichen Patienten-Verkehr in den Arztpraxen getrennt werden. „Die meisten Ärzte haben nur ein Wartezimmer. Deshalb würden Corona-Patienten automatisch mit Nicht-Corona-Verdächtigen zusammensitzen und diese vermutlich anstecken. Deshalb haben wir uns schnell darauf verständigt, dass wir ein zentrales Abstrichzentrum einrichten müssen, das räumlich nichts mit den Praxen zu tun hat“, erklärt Dr. Zimmermann. Dass diese zentrale Vorgehensweise nicht mit längeren Wartezeiten auf einen Termin verbunden ist, bestätigt eine Mutter, die gemeinsam im Auto mit ihrer Tochter auf dem Gutenberg-Schulhof steht: Die Tochter sei aus der Schulfreizeit, bei der es in ein mittlerweile ernanntes Risikogebiet gegangen war, zurückgekehrt und klage seit dem Morgen über starke Halsschmerzen. Innerhalb von einer Stunde hätten beide den Abstrich-Termin in der Tasche gehabt. Es habe bereits Anfragen von Hausärzten aus anderen Städten des Kreises gegeben, ob sie ihre Patienten zum Warsteiner Abstrichzentrum schicken könnten. Neben Warstein soll es auch Standorte in Soest, Werl und Lippstadt geben. Wann, ist noch unklar. Den Ärzten außerhalb des Gebiets Warstein, Rüthen, Möhnetal mussten Absagen erteilt werden: „Wir sind im Moment so aufgestellt, dass wir unsere Patienten, die wir normalerweise in unseren Praxen behandeln, hier hin schicken. Das Problem dabei: Die Untersuchungskapazität kommt bereits an ihre Grenzen. Wir sind daher gezwungen, keine unendlichen Ausweitungsmöglichkeiten für andere Regionen anzubieten. Die Materialen und Ressourcen der Labore sind begrenzt. Daran müssen wir uns halten und haben keine andere Möglichkeit“, unterstreicht Dr. Matthias Becher. Er hat die Errichtung des Abstrichzentrums in Warstein als niedergelassener Arzt gemeinsam mit seinen Kollegen und in enger Rücksprache mit dem Krankenhaus Maria Hilf vorangetrieben: „Das Zentrum ist enorm wichtig. Im Moment wirkt das Ganze vielleicht noch etwas überdimensioniert. Aber wir werden nächste Woche vermutlich schon ganz anders darüber reden.“ Dr. Becher betont, dass man alles daran geben müsse, die erste Infektionswelle abzufangen. Doch warum ist der Standort Warstein aktuell der einzige, an dem bereits Abstriche genommen werden? „Das mag mit der ländlichen Gegend bei uns zusammenhängen. Wir stehen in sehr engem Austausch miteinander und sind in der Lage, Dinge schnell zu organisieren.“ Ein entscheidender Punkt könnte dabei auch die Legionellen- Krise aus dem Jahr 2013 gewesen sein, die Warstein über Wochen in Atem hielt: „Wir haben damals die Erfahrung gemacht, dass man frühzeitig darüber nachdenken muss, was passieren könnte und was man dagegen alles machen kann und muss“, sagt Dr. Thomas Zimmermann. Zudem sei die ehemalige Gutenbergschule das perfekte Objekt für das Zentrum: „Wir haben hier eine Menge Platz. Auf dem Schulhof können die Autos für die Abstriche halten, ohne dass ein Verkehrschaos entsteht. Die Einbahnstraße trägt ebenfalls zu einem reibungslosen Ablauf bei. Wir können uns hier nach Belieben ausbreiten – theoretisch gäbe es Platz für zehn Ärzte, die gleichzeitig agieren“, unterstreicht Dr. Zimmermann. Der erste Tag Corona-Abstrichzentrum in Warstein: Der reibungslose Ablauf und die Ruhe, die von den Ärzten und Mitarbeitern ausgeht, die sich im Gutenberg-Schulhof- Drive-In um die Patienten kümmern, machen Mut für die kommende Zeit.

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